2018: Holen und Bringen

Der Ausdruck der Hände

Die ersten Großaufnahmen der Filmgeschichte dienten dazu, Gefühle durch Gesichtsausdrücke zu vermitteln. Doch schon bald richteten Filmschaffende ihre Aufmerksamkeit auch auf die Hände. Anhand von Filmausschnitten erkundet Farocki diese Bildsprache, ihren Symbolismus, Freud’sche Fehlleistungen, Automatismen und ihre Musik. Häufig verraten die Hände Gefühle, die das Gesicht zu verbergen sucht. Sie können auch der Weiterleitung (Geldwechsel) dienen oder als Zeugen einer Form von Kompetenz (Arbeit).

Wege, Strecken und Enden. Über die Mobilität der Produktion

Die zunehmende Bedeutung der Mobilität von Waren wird nicht zuletzt an der schier endlosen Menge an Lieferungen auf individueller Ebene des Konsums und Bestellens sichtbar. Das andere Ende dieser Lieferketten liegt oftmals an der Peripherie, wo es ganz eigene räumliche Sprache und Ökonomie entwickelt. Geprägt sind diese Abläufe von der Maximierung individueller Entscheidungsmöglichkeiten (Bestellung) und der Optimierung von Raum-Zeit-Regimen.

Urbane Lieferketten, Knotenpunkte und Übergänge

In diesem Workshop werden die räumlichen Konfigurationen der Logistik in und um Halle näher betrachtet. Dabei wird das Verhältnis zwischen sichtbaren und unsichtbaren Elementen in urbanen Lieferketten sowie deren Knotenpunkte und Übergänge untersucht. Wo liegen z.B. die Schnittstellen zwischen digitalen und oft als immateriell begriffenen Informationsflüssen, materieller Infrastruktur, den transportierten Gütern sowie den beteiligten Körpern? Wie sind diese Schnittstellen gestaltet, wie werden sie gelebt und angeeignet?

Kolloquium 1,2,3 Logistik

Logistik ist heute überall. Doch was genau sind eigentlich die Prinzipien und Operationen der Logistik, und wer sind die Menschen dahinter? Was sind ihre Projekte und Ideen? Welche optimistisch stimmenden Visionen, aber auch welche beunruhigenden Zukunftsvorstellungen verbinden sich damit?

Messe und Plenum

Im ersten Teil präsentieren Praktiker und Theoretikerinnen der Logistik in drei jeweils 25-minütigen Runden ihre Projekte, Ideen und Arbeitsfelder. Die Besucher und Besucherinnen haben die Möglichkeit, zwischen den Präsentationen hin- und herzugehen und individuelle Verknüpfungen herzustellen. Nach einer kurzen Pause verhandeln im zweiten Teil des Kolloquiums Logistik-Akteure und Besucherinnen und Besucher gemeinsam.

Zugbildungsanlage ZBA Halle (Saale)

Im Juli 2018 wurde der Hallenser Güterbahnhof mit seiner neuen Zugbildungsanlage fertiggestellt. Nach Modernisierung und Erweiterung zählt die Anlage zu den modernsten des schienengebundenen Güterverkehrs in Europa. Sie verfügt über eine vollautomatische Steuerung und Bremstechnik der Richtungsgleise. Getrennt und gekuppelt werden die Wagen von Hand. Ziel der Modernisierung ist die Kapazitätssteigerung am Knotenpunkt Halle. Innerhalb einer Stunde werden 120 Wagen neu sortiert, die dann Richtung Berlin oder München und auch Südosteuropa weiterfahren.

Kurzführung durch die Ausstellung & Exkursion Star Park & Radial Fulfillment

Der Star Park ist ein Industriepark von 230 Hektar. Verantwortlich für seine Entwicklung und die Ansiedlung neuer Unternehmen ist die stadteigene Halle Saale Investvision. Die ursprüngliche Erschließung der Fläche erfolgte um die Jahrtausendwende mit dem Ziel, den Zuschlag für das später in Leipzig realisierte BMW-Werk zu erhalten. 2002 trat alternativ der Bebauungsplan als Industriegebiet in Kraft. Seither siedelten sich unterschiedliche Unternehmen, vornehmlich aus der Logistikbranche, an.

Exkursion DHL Hub Leipzig

Nach 10-jährigem Bestehen zählt der DHL Hub Leipzig zu den weltweit bedeutendsten und modernsten Umschlagplätzen für Luftfracht. Er ist einer der größten Arbeitgeber der Region bei einer gleichzeitigen Automatisierung aller Prozesse von über 50%. Täglich starten und landen mehr als 60 Flugzeuge, die in kürzester Zeit inspiziert, be- und entladen werden. Tausende von Paketen des digitalen Handels werden nachts über kilometerlange Förderbänder und Rutschen transportiert, von Mensch und Sortieranlagen geordnet und über Luft, Schienen und Straßen weiterverteilt.

Container Terminal Halle (Saale) CTHS & Archäologisches Depot

Die Exkursion zum Hallenser Hafen in Trotha verbindet zeitgenössische und historische Perspektiven auf die Logistik und Warenbewegung. Nachbarschaftlich gelegen werden sowohl das Container Terminal als auch das Depot des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie besucht.

Die Nutzung des Hafens, einst Teil der Hanse, erfolgt heute von Land aus durch das Container Terminal Halle (Saale). Als Umschlageterminal ist es auf die Organisation von Logistikketten im kombinierten Verkehr spezialisiert. Container werden von LKWs auf Güterzüge der eigenen Hafenbahn verladen und umgekehrt.

Exkursionen

Die von Werkleitz organisierten Exkursionen führen zu ausgewählten Logistik-Standorten der Region Halle/Leipzig. Teilnehmende erhalten Einblicke in Logistikprozesse und sind eingeladen, mit Akteuren ins Gespräch zu kommen. Aus verschiedenen Perspektiven möchten wir gemeinsam vor Ort beobachten, wie Pakete registriert und in Containern wieder auf Reisen geschickt werden, wie selbst die Lagerung von fragilen archäologischen Funden zu präzise erfassten Datensätzen wird oder einst flache Landschaften sich zu kistenförmigen Knotenpunkten der Warenbewegung verwandeln.

Ausstellung

Mit den zum Werkleitz Festival 2018 eingeladenen Künstlerinnen und Künstlern !Mediengruppe Bitnik, Mariechen Danz, Doug Fishbone, Foundland Collective, Hiwa K, Lawrence Lek, Candice Lin, Sebastian Schmieg und Leanne Wijnsma sind in der Ausstellung Holen und Bringen neun künstlerische Positionen vertreten, die sich sowohl mit den Funktionsweisen von Logistik und der zugehörigen Dienstleistungsbranche auseinandersetzen als auch weiterführende Fragen stellen.

Für die Ausstellung in Halle führen Leanne Wijnsma und Mariechen Danz bestehende Projekte fort. Einerseits beschäftigen sich die Arbeiten mit Tunneln als den Fundamenten der Logistikinfrastrukturen, andererseits dekonstruieren sie das Archiv der historischen, weltweiten Kartografie als subjektive Wissens- und Bewegungsnormierung.

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