Unsere physischen und virtuellen Welten sind immer stärker miteinander verflochten. Technologien wie VR, Augmented Reality, Wearables und das Internet der Dinge verweisen auf eine Welt, in der Technologie jeden Bereich unseres Lebens durchdringen wird. Sie wird zum Bindeglied zwischen jeder Interaktion und Erfahrung, sie wird erstaunliche Möglichkeiten eröffnen und zugleich unsere Art und Weise, die Welt zu verstehen, kontrollieren. Hyper-Reality untersucht diese spannende, aber auch gefährliche Entwicklung.
Filmprogramm
Mit jeder unserer Gesten und Handlungen übertragen wir Informationen. Diese Informationen sind Teil unserer Interaktion mit Menschen, die uns nahe stehen, und mit Institutionen und Vorstellungen, die unsere Gesellschaft ausmachen. Früher fanden diese Prozesse meist zwischen Menschen statt, ganz ohne Vermittlungsinstanz. Nur die wichtigsten Kommunikationsvorgänge wurden aufgezeichnet und in Form von Verträgen, Abkommen, Bildern oder Büchern archiviert. Mit den technologischen Neuerungen des 20. Jahrhunderts, der Erfindung des Internets und dem Aufkommen von „Big Data“ hat sich die Lage drastisch geändert. Wir haben Systeme geschaffen, die nahezu alles, was wir tun, aufzeichnen und archivieren, und virtuelle Welten spiegeln die materielle Welt wider, in der wir leben. Wir haben unseren Lebensraum mit datafizierten Gegenständen gefüllt und sind immer mehr selbst zu Datensätzen geworden. Was wir tun, wie wir uns ausdrücken, all das wird nachgehalten, quantifiziert und kodiert. Das datafizierte Individuum wird kategorisiert und in gewaltigen, von Unternehmen und Regierungen geschaffenen und verwalteten Datenbanken gespeichert. Uns wird gesagt, man wolle „uns verbinden“ und uns bessere Services bieten, aber zugleich will man mit uns Gewinne machen und uns kontrollieren. Wir lassen uns mithilfe von Systemen wie Predictive Analytics und Mikrotargeting kommerzialisieren und manipulieren, und jeden Tag unseres Lebens geben wir eine beispiellose Menge an persönlichen Informationen preis. Aber was geschieht jetzt, da die Funktionsweise dieser Systeme mehr und mehr von künstlicher Intelligenz und Algorithmen bestimmt wird?
kuratiert von Arjon Dunnewind
„Brüssel, 22 Uhr 48. Die Büros sind leer. Ein Fernschreiber läuft an. Eine Nachricht aus Chicago. Dort arbeitet man noch. Ein Fernschreiben aus Nagasaki. Dort arbeitet man schon wieder.“ In die Bilder von nächtlichen Neonreklamen und Straßenlichtern einer Großstadt ist die Nahaufnahme eines Telexgerätes eingeschnitten, der die fünfstelligen Codes einer elektrischen Mitteilung empfängt, in lesbare Buchstaben rückübersetzt und auf Papier ausdruckt. „Ohne Beamtin, ohne Formular, ohne Boten“, so die männliche Kommentarstimme des Siemens-Films Mit fünf Schritten von 1967 weiter. Lange vor dem Internet ermöglichte die Fernschreibtechnik die direkte Übertragung von Nachrichten, Aufträgen oder Buchungen über weite Distanzen in Sekundenschnelle. Rund um die Uhr, rund um den Globus. Vor dem Hintergrund fortschreitender Digitalisierung und der damit verbundenen Rationalisierung menschlicher Arbeit reflektiert Stückgut zu Containern die Entwicklung von Logistik und Telekommunikation am Beispiel des Seehandels. Das Programm präsentiert neben Mit fünf Schritten die DEFA-Produktionen 18 Knoten bis Hongkong und Die Schwelle, eingerahmt von zwei künstlerisch-dokumentarischen Filmen, die den Wandel des Hamburger Hafens veranschaulichen: Von der harten körperlichen Arbeit an den Kais und in den Schiffsluken Mitte der 1960er Jahre in Der Tag eines unständigen Hafenarbeiters von Leonore Mau und Hubert Fichte zum computergesteuerten Containerumschlagplatz in Olaf Sobczaks Video a.g.v. – t.e.u.
kuratiert von Florian Wüst
Smartphones, Suchmaschinen, Online-Shopping und soziale Netzwerke sind aus dem heutigen Alltag nicht mehr wegzudenken. Wie sehr unsere enge emotionale Beziehung zu den elektronischen Medien die Zeitökonomie von Arbeit und Leben prägt, thematisiert Welt als Takt mit einer Auswahl historischer Industrie- und Dokumentarfilme. Thomas Imbachs Well Done handelt von der computerisierten Büroarbeit in einem großen schweizerischen Finanzdienstleistungsunternehmen, von der seriellen Logik des Systems, die sich in Körper und Sprache der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einschreibt. Das Rechenzentrum gibt das Tempo vor, das es einzuhalten gilt, um den Zusammenbruch zu verhindern. Der Telefunken-Film Sieben Briefe pro Sekunde von 1961 zeigt die Modernisierung des Postwesens anhand einer automatischen Briefsortieranlage. Ein einziger Fehler würde die mit großer Geschwindigkeit betriebene Maschine zum Stillstand bringen. Eine maschinengleiche Routine menschlicher Tätigkeit porträtiert Jürgen Böttcher in Rangierer. Während die per Fernschreiber eintreffenden Informationen die Arbeitsabläufe im Rangierbahnhof Dresden-Friedrichstadt als Teil eines hochentwickelten Systems erkennbar machen, konterkariert die Bedächtigkeit der Männer das Zeitdiktat moderner Arbeitsorganisation. In Well Done sind es die ironischen Zwischenbemerkungen, Grimassen und Atempausen, die die kafkaeske Vision einer durchdigitalisierten Welt aufbrechen und eine Mensch-Maschine-Beziehung vorführen, die sich nie vollständig planen und verwerten lässt.
kuratiert von Florian Wüst
Das Filmprogramm Return to Sender definiert das Feld der Logistik als globale Bewegung, Zirkulation und Transit. Mit dem Fokus auf die jeweiligen Mittel und Voraussetzungen der Zirkulation als Notwendigkeit der Profitgenerierung und Machtausübung besteht die Grundannahme darin, dass Zirkulation keine generische, neutrale Dynamik, sondern Kräftespiel konkreter Akteurinnen und Akteure ist. Wer profitiert von den Lieferketten, die Arbeit, Güter, Infrastruktur miteinander zu (asymmetrischen) Abhängigkeiten verbinden? Wem ist welche Rolle in der Lieferkette zugeschrieben? Wer hat Zugang zu was? Kennst du deinen Platz in der Lieferkette?
Selbst angelegt als eine Bewegung durch konkrete (geografische) Orte und verschiedene Logiken der Zirkulation, gehen die gezeigten Arbeiten den vorherrschenden Machtverhältnissen nach. Dabei scannen sie Körper, Muskeln, Mythen, Ressourcen und Technologien, um die Reibungsflächen in diesen Strukturen auszuloten und deren Aufrechterhaltung und Widerstandsfähigkeit herauszufordern. Mit welchen Strategien werden die Lieferketten und die ideologischen Ausrichtungen dahinter am Laufen gehalten? Und an welcher Stelle ist die Zirkulation verletzlich, wo kann sie gestört, manipuliert und gegen sich selbst gerichtet werden?
kuratiert von Anna Jehle
Das Filmprogramm Return to Sender definiert das Feld der Logistik als globale Bewegung, Zirkulation und Transit. Mit dem Fokus auf die jeweiligen Mittel und Voraussetzungen der Zirkulation als Notwendigkeit der Profitgenerierung und Machtausübung besteht die Grundannahme darin, dass Zirkulation keine generische, neutrale Dynamik, sondern Kräftespiel konkreter Akteurinnen und Akteure ist. Wer profitiert von den Lieferketten, die Arbeit, Güter, Infrastruktur miteinander zu (asymmetrischen) Abhängigkeiten verbinden? Wem ist welche Rolle in der Lieferkette zugeschrieben? Wer hat Zugang zu was? Kennst du deinen Platz in der Lieferkette?
Selbst angelegt als eine Bewegung durch konkrete (geografische) Orte und verschiedene Logiken der Zirkulation, gehen die gezeigten Arbeiten den vorherrschenden Machtverhältnissen nach. Dabei scannen sie Körper, Muskeln, Mythen, Ressourcen und Technologien, um die Reibungsflächen in diesen Strukturen auszuloten und deren Aufrechterhaltung und Widerstandsfähigkeit herauszufordern. Mit welchen Strategien werden die Lieferketten und die ideologischen Ausrichtungen dahinter am Laufen gehalten? Und an welcher Stelle ist die Zirkulation verletzlich, wo kann sie gestört, manipuliert und gegen sich selbst gerichtet werden?
kuratiert von Anna Jehle